TQ HPR 60 EMTB Motor im Test
Schluss mit dem Wettrüsten – Willkommen zurück, Trail-Feeling. TQ gibt mit dem neuen HPR 60 Motor ein klares Bekenntnis zum Light EMTB ab. Was der neue Motor kann und ob man die Schwächen des alten in den Griff bekommen hat, verrät unser Test.



Technik: Evolution statt Revolution – was der HPR 60 besser macht
Auf den ersten Blick bleibt vieles beim Alten: Der HPR 60 wiegt wie sein Vorgänger knapp unter 2 Kilogramm, ist extrem kompakt gebaut und passt weiterhin in bestehende Rahmenkonzepte. Das Gehäuse ist bis auf die Kühlrippen unten baugleich. Die Befestigungspunkte und das Gehäuse sind unverändert – was theoretisch sogar ein Nachrüsten ermöglichen könnte (abhängig vom Bike-Hersteller).




Unter der Haube jedoch hat TQ an mehreren entscheidenden Stellen spürbar optimiert:
- Leistungszuwachs: Bei 250 Watt Input liefert der Motor jetzt bis zu 370 Watt Output – ca. 20 % mehr als der HPR 50.
- Drehzahlband: Die Unterstützung erfolgt über ein breites Kadenzspektrum, vergleichbar mit einem Bosch CX. Schon bei 60 U/min steht fast die volle Leistung zur Verfügung – ideal für natürliches Klettern.
- Thermisches Verhalten: Wir konnten bei ein und demselben Test kein Derating mehr wie beim Vorgänger provozieren.
- Geräuschentwicklung: Der HPR 50 Motor war in Sachen Sound die Benchmark und daran ändert sich auch mit dem HPR 60 nichts.
TQ bleibt damit seiner Philosophie treu, ein System zu bauen, das nicht auf dem Papier beeindruckt, sondern auf dem Trail überzeugt.

Reichweite & Effizienz: Neue Akkus, doppelte Möglichkeiten.
Ein lang erhoffter Änderungen ist der neue 580-Wh-Akku, der das Reichweitenthema endgültig entschärft. Während der alte 360-Wh-Akku beim HPR 50 gerade mal rund 1.100 Höhenmeter zuließ, ermöglicht das neue System mit dem HPR 60 nun bis zu 2.193 Höhenmeter – bei gleicher Inputleistung und gleichem Testverfahren (150 W Input, 100 kg Systemgewicht, Asphaltstrecke).

Die Effizienzwerte und Reichweiten, die wir ermittelt haben, passen endlich mit dem Fakt zusammen, dass hier schlichtweg einfach weniger Power anliegt als bei einem Full Power Motor. Der Überblick in Tabellenform macht die Verbesserungen deutlich. Vor allem die errechneten Hm pro Wattstunde sprechen eine Sprache für sich.
System | Höhenmeter | Akku (Wh) | Hm/Wh |
TQ HPR 50 (alt) | 1.094 | 360 | 3 |
TQ HPR 60 (neu) | 2.193 | 580 | 3,8 |
Bosch CX Gen 5 (Full Power Vergleich) | 1708 | 600 | 2,8 |



Zwischenfazit: Der neue HPR 60 ist nicht nur stärker, sondern auch effizienter als die meisten Full-Power-Systeme – und das bei deutlich geringerem Gewicht, allerdings auch weniger Leistung.
Praxiseindruck: Handling wie ein Mountainbike
Ein echtes Aha-Erlebnis stellt sich ein, sobald man vom Full-Power-E-MTB auf ein Light-Bike mit HPR 60 umsteigt. Schon beim ersten Bunny Hop oder Manual wird klar: Dieses Bike lässt sich wie ein echtes Mountainbike bewegen. Das Vorderrad anlupfen geht so leicht von den Handgelenken.
In unserem Testbike – dem Yeti MTe – spielt das System seinen Gewichtsjoker nicht maximal aus. Trotz dicker Schwalbe-Reifen und massiver Komponenten bleibt das Gesamtgewicht nur knapp unter 20 kg, in leichten Setups sind unserer Erfahrung nach sogar unter 18 kg. Das bedeutet nur noch 3-4 Kilo Mehrgewicht im Vergleich zu einem Bike ohne Motor. Schon mit dem alten HPR 50 Motor haben wir deshalb auch den Vergleich zwischen einem Biobike und einem E-Bike gewagt. Die Unterschiede sind mit einem System wie dem von TQ heute tatsächlich erstaunlich gering.

Auch beim Beschleunigen aus der Kurve jenseits der 25 km/h Grenze fühlt sich das Yeti nicht an, als hätte man eine Bleikugel am Fußgelenk. Die Logik, dass bei mehr Input auch mehr Output vom Motor geliefert wird, unterstützt ein sportliches Fahrgefühl.
In steilen Uphill-Passagen bleibt der Motor unterstützend – aber: Bei extrem technischen Klettereinlagen ist dann irgendwann Schluss. Die Power eines Bosch CX Turbo-Modus steht hier schlichtweg nicht zur Verfügung.
Aber genau das ist keine Schwäche, sondern Teil des Konzepts. Der HPR 60 ist nicht dafür gemacht, jede Rampe zu bezwingen, sondern dafür, das natürliche Trail-Fahrgefühl mit einer Prise Rückenwind zu veredeln.

Akustikvergleich: Die leise Revolution
Kaum ein anderer Punkt wurde im Test so einstimmig bewertet: Der TQ HPR 60 ist der leiseste Motor am Markt. Selbst unter Volllast bleibt er im Hintergrund, deutlich leiser als ein Bosch CX oder das neue DJI-System. Beim Bergauffahren hört man mehr Vögel als Surren – ein echtes Argument für Puristen.
Und bergab klappert kein Getriebe. TQ bleibt die Benchmark in Sachen Akustik und gibt allen anderen Herstellern noch Hausaufgaben auf.
Pro
- leise
- effizienter als der Vorgänger
- natürliches Fahrgefühl
- verbessertes Thermomanagement
- geringes Gewicht (1,9 kg)
Contra
- relativ wenig Leistung
- Für Komfortfahrer oder E-Bike-Einsteiger möglicherweise zu sportlich
- Volle Leistung verlangt aktives Pedalieren – kein „Mitziehen“

Fazit: Der HPR 60 ist kein Motor für alle – aber für die Richtigen.
Mit dem HPR 60 stellt TQ keinen Kompromiss dar, sondern eine bewusste Alternative zum aktuellen Trend hin zu schweren, übermotorisierten E-Bikes. Statt sich auf das nächste Leistungsupdate zu stürzen, konzentriert sich TQ auf das, was für light EMTB-Fans wirklich zählt: Fahrspaß, Effizienz und Natürlichkeit.
Wer bereit ist, beim Uphill mitzuarbeiten, wird mit einem System belohnt, das auf dem Trail unschlagbare Agilität und Kontrolle bietet. Die neue Akku-Generation räumt zudem mit alten Reichweitenklischees auf – selbst Alpenetappen sind nun realistisch machbar.
Zur Kompatibilität mit älteren TQ Bikes
Der neue TQ-HPR60 ist der direkte Nachfolger des HPR50 und wurde technisch weiterentwickelt – unter Beibehaltung der Grundarchitektur. Dennoch gibt es wichtige Unterschiede, die bei einem Austausch oder Umbau beachtet werden müssen.
Mechanisch: Ähnlich, aber mit Details
- Der HPR60 hat den gleichen Bauraum wie der HPR50.
- Zusätzlich verfügt er über Kühlrippen an der Unterseite, die von den meisten Bike-Herstellern genutzt werden.
- Diese Kühlrippen können durch autorisierte Servicepartner entfernt werden, um den Motor in HPR50-Rahmen einzubauen.
- Bitte beachten: Ohne Rippen ist die Kühlleistung reduziert, aber immer noch besser als beim HPR50.
Software: Nicht direkt kompatibel
- Die HPR60-Software ist nicht identisch zur HPR50-Software.
- Wird der HPR60 mit HPR50-Software betrieben, ist die Leistung begrenzt auf 300 W (statt 350 W).
- Im Vergleich zum HPR50 ist er trotz geringerer Leistung dennoch leiser, stärker und effizienter
Einbau & Anpassung
- Viele Bike-Hersteller bieten Anpassungen und Abdeckungen, um den HPR60 optisch und funktional in bestehende HPR50 Rahmen zu integrieren.
- Für Umbauten oder passende Covers wenden Sie sich bitte an Ihren Fachhändler oder Servicepartner.
Der HPR60 kann in vielen Fällen als Ersatz für den HPR50 verwendet werden – allerdings mit Einschränkungen bei Kühlung und Leistung. Bei korrektem Einbau bietet er dennoch eine moderne, leisere und effizientere Lösung für bestehende Systeme.