Pivot Shuttle AM im Test
Das neue Pivot Shuttle AM wirkt auf den ersten Blick unspektakulär – doch wer die Daten liest, stutzt: 800-Wh-Akku, Bosch Performance CX Race Motor und trotzdem unter 22 kg. Ein E-Enduro, das Gewichtsklassen sprengt und neue Maßstäbe setzt.


Fahrwerk: Hoch im Federweg, satt im Downhill
Der DW-Link-Hinterbau startet mit einem extrem hohen Übersetzungsverhältnis von über 3 – dadurch steht das Bike hoch im Federweg und setzt Impulse des Fahrers sehr direkt um. Besonders auf flowigen Trails mit Anliegern ein Genuss. Das Pivot Shuttle AM ist eines der ganz wenigen E-Bikes, die mit einem lebendigen Charakter auch auf flachen, flowigen Trails Spaß machen. Viele andere E-Bikes ersticken in solchen Situationen den Fahrspaß mit üppigem Gewicht und zu soften Fahrwerk im oberen Federwegsbereich.
Die 150 mm Federweg am Heck bleiben im mittleren Bereich geschmeidig, ohne bei harten Einschlägen durchzurauschen. Die Hinterradbremse beeinflusst den Hinterbau nicht, und das hohe Tretlager verhindert Kurbelschläge selbst im technischen Uphill.



Gewichtssensation trotz dickem Akku
Pivot vereint, was bisher noch kein Hersteller geschafft hat: Die Amis kombinieren einen 800-Wh-Akku, der fest im Unterrohr sitzt, mit nur 21,7 kg Gesamtgewicht (ohne Pedale) im Topmodell. Das Pro-Modell bringt es auf rund 22,7 kg, und selbst das günstigste Ride-Modell bleibt mit Alu-Hinterbau unter 24 kg.
Damit kratzt das Shuttle AM an Gewichtsregionen, die bislang nur von Modellen mit DJI-Motor oder mit einem 1 Kilo leichteren 600-Wh-Akku erreicht wurden. Das Ganze bei voller Bosch-Power und 160 mm Federweg an der Gabel. So kann die Entwicklung gerne weitergehen. Um den Rahmen so leicht wie möglich zu bauen, hat man den Akku fest integriert. Ein schneller Akkutausch fällt dem Leichtbau zum Opfer.




racing is life - der Bosch CX Race
Technisch fast identisch zum CX Gen 5, spart der Race-Motor dank Titanachse und Keramiklagern nur etwa 100 g. Die maximalen Leistungswerte: identisch (750 W / 100 Nm), aber die Powerentfaltung ist aggressiver. Schon bei geringer Eigenleistung gibt’s den vollen Schub – perfekt für schnelle Schotteranstiege, im technischen Gelände aber manchmal zu giftig.
Tipp: Mit der Bosch Flow App lässt sich die Dynamik zähmen und das Drehmoment bzw. die Maximalleistung im EMTB+ Modus maximieren – ideal für rutschige Trails.



Details mit Nerd-Faktor
Pivot ist für seine Details bekannt. Die Amis machen keine Kompromisse und scheuen es auch nicht, an der ein oder anderen Stelle vom Standard der Branche abzuweichen, um die technisch perfekte Lösung umzusetzen. Das beste Beispiel dafür ist der 157 mm breite Superboost-Hinterbau, aber wir haben auch noch andere spannende Details gefunden.
- Superboost-Hinterbau (157 mm): Gleicher Speichenwinkel links/rechts für gleichmäßige Speichenspannung. Nachteil: Ersatzlaufräder sind rar.
- Geschwungene Kettenstreben: Keine Probleme mit Fersenfreiheit, trotz breitem Hinterbau.
- Schwimmend gelagerter Akku: Ein Gummipuffer zwischen Rahmen und Akku schont das Zellenpack vor Torsionskräften, die ansonsten über den Rahmen übertragen werden.
- Sehr steifer Rahmen: Dank kurzer Umlenkhebel und geschlossenem Hinterbau.






Handling des Bikes im Gelände
Das Pivot Shuttle AM ist der Gegenspieler zum Shuttle LT, das wir früher im Jahr schon im Test hatten. Während das schwerere Enduro mit mehr Federweg nach krassen Strecken lechzt und überall anders gelangweilt ist, präsentiert sich die AM-Version des Shuttles deutlich vielfältiger.
Durch sein niedriges Gewicht und den exzellenten Hinterbau, der relativ hoch im Federweg steht, kommt mit dem Bike auch auf flowigen, flachen Strecken schon Spaß auf. Das hohe Tretlager lässt einem überall kurbeln, ohne mit den Pedalen aufzuschlagen. Die Sitzposition strapaziert einen nicht, ist aber auf der sportlichen Seite. Das Pivot Shuttle AM ist ein Bike, das vorwärts kommen will.
Erst im wirklich rauen, alpinen Gelände fällt auf, dass das Tretlager etwas höher liegt als bei vielen anderen Bikes dieser Federwegsklasse. Wenn es steil kommt, erreicht das Shuttle AM nicht direkt seine Grenzen, fordert aber ein präzises Händchen in der Steuerung. Es zeigt sich: Das Shuttle AM ist mehr Allrounder als Shred-Only-Bike. Wer einen absoluten Shredder sucht, findet den im Pivot Shuttle LT. Den absoluten Leichtbau gibt es dagegen mit dem Pivot Shuttle SL.






Pro
- top Gewicht trotz großem Akku
- Agiles, intuitives Handling
- DW-Link: klettert effizient, bleibt bergab stabil
- Bosch CX Race: kraftvoll und individuell einstellbar
- Sinnvolle Detaillösungen (Superboost, Akku-Lagerung, Flip-Chip)
Contra
- Sehr hoher Preis (8.599–13.999 €)
- Akku nicht entfernbar

Fazit
Das Pivot Shuttle AM ist kein Blender: Unter 22 kg bei 800 Wh Akku und Bosch CX Race-Motor ist schlicht eine Ansage. Dazu kommt ein Handling, das von der ersten Kurve an Spaß macht, ein herausragender Hinterbau und viele durchdachte Details. Wer bereit ist, für Top-Performance tief in die Tasche zu greifen, bekommt ein E-Enduro, das auf lange Sicht wohl Maßstäbe setzen wird – und eine Ära der Geometrie-Experimente für beendet erklärt.