Cube Stereo Hybrid One77 SLX
Mehr Federweg, mehr Abfahrt – aber ist das One77 wirklich das bessere Enduro? Und hat der Preis von 5000 € auch einen Haken?




Geometrie & Rahmen
Cube bleibt sich in einer Sache treu: Hauptrahmen aus Carbon, Hinterbau aus Aluminium. Diese Strategie fährt Cube bei nahezu allen E-Bikes. Und das ist auch ein entscheidender Faktor, damit Cube seine Niedrigpreis-Strategie umsetzen kann. Und das Gewicht leidet nicht zu sehr darunter. Mit 24,9 Kilo fällt das Bike trotz viel Federweg, gutem Preis und Wechselakku leicht aus. Das Cannondale Moterra oder das Centurion NoPogo sind trotz höherer Preise deutlich schwerer.
Die Geometrie des Stereo Hybrid One77 ist klar auf Abfahrt getrimmt, auch wenn man es hier nicht übertreibt. Mit 63,8° – in der flachen Einstellung – fällt der Lenkwinkel moderat aus, bzw. liegt genau auf dem Wert, den viele andere E-Enduros haben. Er lässt sich über den Steuersatz auch noch 0,6 Grad steiler stellen. Beachtlich ist, dass Cube trotz üppigem Federweg von 170 mm im Heck ein sehr tiefes Tretlager realisieren kann. Mit 13 mm unter der Hinterradachse bleibt das Bike in langen schnellen Kurven super stabil. Das Bike kommt serienmäßig im MX-Setup: 29″ vorne, 27,5″ hinten. Auch das ist üblich für E-Bikes in dieser Federwegsklasse.

Details
Das Stereo One77 strotzt nicht vor spannenden Details. In einem Punkt steckt Cube sein Gebiet aber ganz klar gegenüber Zubehörherstellern ab. Mit der X-Connect Schnittstelle am Steuerrohr lassen sich eigene Cube-Lampen im Plug-and-Play-Style anschließen. Der Strom für das Licht kommt dann aus dem Hauptakku des Motors.
Eine Befestigung ist nicht nötig, da man die Lampe einfach auf die Lenkerklemmung des Vorbaus klipsen kann. Das ist sehr gut gelöst. Das Licht, das wir zum Test hatten, macht auch ordentlich hell. Allerdings gibt es den Strahler nicht im Lieferumfang. Dafür werden nochmal 100 € extra fällig.
Die Zugverlegung durch den Steuersatz sieht sauber aus, macht Schrauben aber etwas mehr Arbeit. Gerade wenn, wie bei unserem SLX Modell, Züge für Bremse, Sattelstütze und Schaltung durch den Steuersatz verlaufen. Es ist kein gordischer Knoten, den man hier lösen muss, aber im Falle eines Zugwechsels doch ein deutlicher Mehraufwand.

Motor & Akku: Der Bosch-Klassiker
Der Bosch Performance CX Gen5 ist der beliebteste Motor am Markt – kräftig, direkt, bewährt. Zudem ist der Motor der leiseste Motor, den Bosch je gebaut hat. Auf dem Trail bergab klappert nichts mehr. Beim Unterstützen bergauf ist er leiser und arbeitet bei niedrigerer Frequenz als sein Vorgänger.
Nach dem jüngsten Power Update (das wir natürlich ausführlich getestet haben) liefert er bis zu 700 Watt Maximalleistung. DJI ist mit seinem Avinox System zwar deutlich stärker, aber das dürfte für die meisten Tourenfahrer nicht mehr relevant sein. Denn 700 Watt reichen dicke, auch für steile Anstiege.

Unser Modell hat kein Display, sondern nur eine LED-Anzeige im Oberrohr. Der Rahmen macht aber das Nachrüsten eines Kiox 400 C Displays im Oberrohr möglich. Und wir würden das empfehlen. Denn dann kann man mit dem Bike sogar navigieren.
Der 800 Wh Akku lässt sich per Knopfdruck dem Bike entnehmen. Das große Plastik-Cover ist aus Kunststoff und eines der wenigen Teile an dem Bike, das in Deutschland produziert wird. Wer im Gelände richtig Gas gibt, kann womöglich ein leichtes Schlagen des Akku-Covers gegen den Akku provozieren.
Ein kleines Schaumstoffstück kann in so einem Fall aber Abhilfe schaffen. Positiv: Wer Gewicht sparen will, kann den 800 Wh Akku gegen einen 600 Wh-Akku tauschen – ganz ohne Adapter oder Umbauten. Dann spart man sich ca. 1 Kilo Gewicht.



Trail-Performance: Spezialist mit Fokus
Auf dem Trail zeigt das Stereo Hybrid One77 seine Stärken – und seine Spezialisierung. Die hohe Front sorgt auch in steilen Abfahrten für eine aufrechte Position hinterm Lenker. Das gibt viel Sicherheit. Die Kombination aus Fox 38 Gabel und X2-Dämpfer arbeitet sensibel und steckt große Schläge problemlos weg. Besonders in steilem, technischem Terrain fühlt sich das Bike wie „eins mit dem Trail“ an.
Der linear arbeitende Hinterbau lässt Staubsauger Feeling aufkommen in Steinfeldern. Auch im tiefen Federweg verhärtet er nicht und bietet ein sehr hohes Grip-Niveau. Zudem fühlt sich so eine Fahrwerksausrichtung immer sehr komfortabel an.
In technischen Uphills hängt das Bike dafür etwas tiefer im Federweg als andere. Auch die Kurbeln gehen beim Pedalieren im technischen Gelände schnell mal auf dem Boden auf. Kürzere Kurbeln als die verbauten 170 mm Kurbeln (160 mm oder 155 mm) wären hier eine gute Option. Ansonsten schiebt der Bosch CX Motor der 5. Generation mächtig an und lässt bergauf keine Wünsche offen. Sowohl Power als auch Steuerung sind exzellent.



Sitzposition & Gewicht
In Sachen Sitzposition ist das Stereo Hybrid One77 angenehm komfortabel. Die aufrechte Haltung passt zu langen Touren. Cube hat das Bike damit nicht komplett auf den Bikepark limitiert. Zumal es mit 24,9 Kilo noch relativ leicht ist.
Andere Bikes mit diesem Federweg und einer ähnlichen Ausrichtung wie z.B. das Cannondale Moterra LT wiegen nochmal mehr. Vor allem mit dem Hintergrund des Preises von 5000 € ist Cube hier wirklich etwas Erstaunliches gelungen.


Verarbeitung
Details wie z. B. Rahmenschutz, Akkuabdeckung und Verschraubungen wirken durchdacht und hochwertig. Allerdings hat das Bike nach weniger als 100 km damit begonnen laut zu knarzen. Hier müsste man definitiv ran und den Hinterbau und Steuersatz nachfetten. Das Nachziehen der Schrauben alleine hat die Geräusche nicht behoben.
Die restliche Verarbeitung ist insgesamt sehr gut. Die Ladeklappe für das E-Bike-System könnte etwas robuster für ein Bike dieser Kategorie ausfallen. Am Hinterbau lässt sich ein Seitenständer montieren, auch wenn das nicht zwingend nötig ist an einem Bike mit 170 mm Federweg.



Vorteile des One77 Hybrid
- Sehr gutes Fahrwerk für grobe Trails
- Starke Abfahrts-Performance mit sicherem Handling
- Komfortable Sitzposition
- Option auf einen leichteren Akku (600 Wh)
Nachteile
- Weniger agil in Kurven & Uphill
- Züge durch den Steuersatz – optisch und praktisch nicht optimal
- Geräuschkulisse - lautes Knarzen nach ca. 100 km
Fazit: Spezialist für Abfahrer – nichts für Unentschlossene
Das Cube Stereo Hybrid One77 ist ein komfortorientiertes E-Enduro mit breitem Einsatzbereich. Der 800er Wechselakku, der üppige Federweg und das Gewicht von unter 25 Kilo sind im Preisbereich von 5000 € einzigartig. Die-Hard-Trailshredder würden sich an der ein oder anderen Stelle (z.B. bei der Kinematik) noch eine radikalere Ausrichtung wünschen. Mit Blick auf Tourenfahrer macht Cube mit dem breiten Einsatzbereich aber alles richtig.