EMTB Reichweiten Test
Für manche ist das Thema Reichweite beim E-Biken so präsent, dass sich in der Szene tatsächlich der Begriff Reichweitenangst etabliert hat. Wir haben die Akkus 6 verschiedener Motorsysteme komplett leer gefahren. Wie weit kommt man mit einem Bosch, DJI, Shimano, Specialized oder Giant EMTB wirklich?

Dieser Reichweitentest ist Teil unserer großen Motor Vergleichsserie. Dabei haben wir aktuelle Full Power E-Bikes in verschiedenen Kriterien detailliert abgetestet und jeweils ein Video mit allem Wissenswertem erstellt. Wenn du auf der Suche nach einem neuen EMTB bist, zieh dir auf alle Fälle auch Teil 1-3 unserer Serie rein. Dann geht beim Kauf nichts falsch.
- Motortest Teil 1: Soundcheck - Wie laut sind Full Power Motoren
- Motortest Teil 2: Motorsteuerung - Wie fahren sich die Motoren im Gelände?
- Motortest Teil 3: Leistung - Wie stark unterstützen Full-Power-Motoren
- Motortest Teil 4: Reichweite - Wie weit kommt man mit einer Akkuladung
Unsere Testmotoren












Testaufbau: Faire Bedingungen für einen realistischen Vergleich
Wir haben all unsere Tests in der Praxis durchgeführt. Damit ist eine möglichst realistische Betrachtung gegeben. Um eine objektive Bewertung sicherzustellen, haben wir alle Tests mit folgenden Rahmenbedingungen durchgeführt:
- Input-Leistung:: Alle Tests wurden mit Wattmesspedalen von SRM und einheitlicher Inputleistung von 150 Watt und 85 U/min durchgeführt.
- Gewicht:: Ein einheitliches Systemgewicht von 100 kg (Fahrer + Bike) wurde gewährleistet.
- Rollwiderstand: Schwalbe Magic Mary und Big Betty Reifen für konsistenten Rollwiderstand.
- Standardisierte Teststrecke:: 122 Höhenmeter auf 750 Meter asphaltierter Strecke mit 16 % Steigung.
Jedes Bike wurde also unter einheitlichen Bedingungen komplett leer gefahren. Nur so lässt sich eine qualitativ vergleichende Aussage treffen.

Geschlossenes vs. offenes Akkusystem
Bosch Motoren und auch der neue DJI-Motor funktionieren nur in Verbindung mit den eigenen Akkus dieser Hersteller. Shimano, Yamaha und auch Brose sind bei der Frage des Akkus freizügiger. Hier haben Fahrradhersteller zwar die Möglichkeit, zu jedem Shimano Motor auch einen Shimano Akku zu kaufen, sie können sich für den Akku aber auch bei Drittanbietern bedienen und machen das in der Regel auch.
Und damit ist klar, dass man bei Bikes mit diesen Motoren eine große Streuung in der Reichweite hat, je nachdem welcher Akku denn dann tatsächlich verbaut wird und wie dieser konfiguriert ist. Dieses offene Akkukonzept gibt den Herstellern mehr Designfreiheit, weil man sich mehr oder weniger einen Akku bauen kann, der sich ins eigene Design einfügt. Der Ansatz eines geschlossenen Systems dürfte dafür weniger Überraschungen im langfristigen Betrieb mit sich bringen.
Denn man kann davon ausgehen, dass ein Hersteller wie Bosch die Kombination aus Akku und Motor auf ein Maximum optimiert. Bei Canyon gab es dagegen erste große Rückrufaktionen wegen einem EMTB Akku, der in Verbindung mit einem Shimano Motor verbaut war.
Was zudem charmant ist: Man kann mit den festen Akkuformaten von Bosch die Akkus zwischen verschiedenen Bikes ganz einfach hin und her wechseln. Das führt dazu, dass man für eventuelle Once in a Year Legendentouren über das Madritschjoch oder Ähnliches, wie es der Maxi auf seinem Supertrail Kanal immer wieder vorstellt, sich einfach den Akku des Lebenspartners oder eines Kumpels als Zweitakku ausleihen kann.

Die Testergebnisse unseres Reichweitentests
Die puren Ergebnisse aus unserem Reichweitentest, die in dieser Grafik zu sehen sind, wurden mit Bikes unterschiedlicher Akkugrößen und unterschiedlicher Leistung in der stärksten Unterstützungsstufe eingefahren. Man muss also beim Vergleich dieser Werte mit Fingerspitzengefühl vorgehen, das machen wir im nächsten Absatz.
Klar wird, dass die Motoren die Leistung hinten raus unterschiedlich einteilen. Der Bosch CX schiebt bis zum Schluss mit voller Leistung durch. Der DJI reduziert ab ca. 15 % Ladezustand die Leistung deutlich.


Leistung über eine volle Akkuentladung
Die Leistung, welche die Motoren über eine komplette Akkuladung bei 150 Watt Inputleistung liefern, variiert stark von der Leistung, die wir in unserem Power Test ermittelt haben. Denn reißerisch kann man natürlich sagen, dass der DJI Motor über die ersten 1000 hm die höchste Leistung hat. Da lässt er nämlich im Schnitt 573 Watt anliegen.
Rechnet man aber mit rein, dass er hinten raus, ja nur noch einen Bruchteil dieser Leistung abliefert, der Bosch CX Gen 5 dagegen bis zum Schluss mit voller Leistung durchschiebt, nivelliert sich das Thema deutlich ein. Denn dann liegt der DJI Avinox leistungstechnisch auf einem vergleichbaren Niveau mit allen anderen Motoren.
Über eine komplette Akkuentladung liegt die Leistungsstreuung aller Motoren in der höchsten Unterstützungsstufe in einem Bereich von etwas über 10 %.


Höhenmeter pro Wattstunde
Mit dem Wissen, dass die Motoren über eine volle Akkuladung eine vergleichbare Leistung haben, kann man zumindest annäherungsweise die Höhenmeter pro Wattstunde vergleichen. Und sieh da: Geht man von der Vergleichsgröße der beworbenen Akkukapazität aus, schaffen der DJI Avinox, der Bosch CX Gen 5 und der Shimano EP801 in unserem Versuchsaufbau 2,8 bzw. 2,9 Höhenmeter pro Wh. Auch der Brose/Specialized Motor kommt bei dieser Betrachtung, bei ähnlicher Leistung auf diesen Wert. Der alte Bosch schafft inklusive Notlauf 0,1 hm mehr pro Wattstunde im Akku. Der Yamaha 0,1 hm pro Wattstunde weniger.
Zaubern und die Physik austricksen kann also niemand in dem Business. Über den Daumen gepeilt, kann man sagen, dass alle Systeme in etwa den selben Wirkungsgrad haben. Einen sparsamen Motor konnten wir in unserem Test nicht entdecken.

Fazit zum Thema Reichweite aktueller E-Bike-Motoren
Wer die Reichweite seines EMTBs zum übergeordneten Kaufkriterium macht, kann die Wahl des Motors hinten anstellen. Denn alle Motoren haben in unserem Test in etwa die gleiche Effizienz über eine komplette Akkuentladung. Wichtiger ist es, auf die reine Akkugröße und die Optionen zum Wechseln des Akkus zu achten.