Newcomer im EMTB-Markt

Cilo Tanay HC im Test

Mit dem Tanay HC bringt der Schweizer Newcomer Cilo ein E-MTB auf den Markt, das optisch aus der Masse heraussticht. Doch kann es in der Praxis auch überzeugen?

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Seit der Corona-Pandemie drängen viele neue Anbieter in den E-Bike-Markt – angelockt von wachsender Nachfrage und sinkenden Produktionshürden. Doch der Wettbewerb ist hart: Während Marken wie Cube oder Radon auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis setzen, punkten Anbieter wie Trek oder Specialized mit markenspezifischen Innovationen und einem starken Image.

Ein Beispiel für einen erfolgreichen Neueinstieg ist Amflow von DJI, das durch einen neuartigen Motor einen echten Hype auslöste. Cilo geht allerdings einen konventionelleren Weg.

Cilo Tanay HC Test
Das Cilo weiß als Newcomer mit einer ausgefallenen Optik, wie man auf sich aufmerksam macht.

Der Motor: Solide, aber nicht spektakulär

Antriebstechnisch setzt Cilo auf Bewährtes: den Shimano EP801.
Dieser Motor liefert:

  • 85 Nm Drehmoment
  • 600 Watt Spitzenleistung
  • harmonische Kraftentfaltung
Cilo Tanay HC-Test
Der Shimano EP801 Motor ist bewährt. Schlagzeilen liefern derzeit aber eher der stärkere DJI Avinox und der Bosch CX Gen 5.

Das reicht für klassische Touren vollkommen aus. Doch im Vergleich zu neueren Bosch-Systemen oder DJI-Motoren wirkt der EP801 mittlerweile etwas angestaubt. Vor allem bei der Geräuschentwicklung, der Motorsteuerung und der Trail-Performance ist die Konkurrenz inzwischen einen Schritt weiter.

Mit dem Race-Update lässt sich die Leistung des Shimano-Systems zwar spürbar verbessern, aber ein Uphillflow-Experte wie die aktuellen Motoren von Bosch, Specialized und DJI wird der Shimano EP801 Motor auch damit nicht. Es bleibt ein leichter, bewährter und effizienter Motor für Tourenfahrer.

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Cilo Tanay HC-Test
Das Bedienelement für den Motor könnte ergonomischer sein.
Cilo Tanay HC-Test
Anders als viele EMTBs verzichtet das Cilo nicht auf ein Display. Reichweite, Akkustand und Geschwindigkeit hat man so immer im Blick.

Design und Ergonomie: Durchdacht bis ins Detail

Was dem Cilo Tanay HC an Motor-Innovation fehlt, macht es mit einem durchdachten Rahmendesign wieder wett. Besonders auffällig: das geteilte Oberrohr, das tief um den Dämpfer herum verläuft. Das sorgt für eine niedrige Überstandshöhe und damit für mehr Bewegungsfreiheit im Gelände.

In Kombination mit der Limotech Sattelstütze, die sich stufenlos bis zu einem Hub von 250 mm einstellen lässt, ergibt sich so nicht nur ein stimmiges Bild, sondern auch die maximale Bewegungsfreiheit auf dem Bike.

Oberrohr
Das geteilte Oberrohr geht um den Dämpfer herum und kann so extra tief gezogen werden.

Weitere clevere Designlösungen:

  • Gerades Sattelrohr für längere, voll einfahrbare Sattelstützen.
  • Limotech-Stütze mit stufenlos verstellbarem Hub (bis zu 250 mm)
  • Flip-Chip zur Geometrieanpassung (High/Low)
  • UDH-Schaltauge: kompatibel mit SRAM Transmission
  • Großzügige Hinterbaulagerung für mehr Steifigkeit und Langlebigkeit
  • Trinkflaschenhalter trotz kleinem Rahmendreieck
  • gute Gummischützer für Kettenstreben und Zugführungen
Cilo Tanay HC Test
Vom Schaltauge her kann man mit dem UDH-Standard auch Srams neueste Transmission-Schaltungen verbauen.
Cilo Tanay HC-Test
Trotz kleinem vorderen Rahmendreieck passt noch eine Trinkflasche ans Unterrohr.
Cilo Tanay HC Test
Die Züge verlaufen elegant durch den Steuersatz.
Cilo Tanay HC Test
Die Hinterbaulager sind üppig dimensioniert. Das freut Vielfahrer.

Trail-Performance: Souverän trotz 140 mm Federweg

Mit „nur“ 140 mm Federweg wirkt das Cilo Tanay HC auf dem Papier eher zurückhaltend. Doch trotz wenig Federweg, statten die Schweizer das Tanay HC abfahrtslastig aus. Die 36er Fox Gabel, die 2,6er Schwalbe Reifen mit üppigem Profil und Pannenschutz, der Dämpfer mit Ausgleichsbehälter und die Shimano XT 4-Kolben Anlage zeugen: Man weiß bei Cilo, worauf es im Gelände ankommt.

Das bietet ein sicheres, kontrolliertes Fahrverhalten. Anders als ein 160-mm-Enduro versinkt es aber nicht im Federweg. Denn die Hinterbau-Performance überzeugt: Selbst bei hartem Bremsen verhärtet der Hinterbau nicht, was durch die ausgewogene Anti-Rise-Kurve unterstützt wird.

Generell liegt der Hinterbau auf der straffen Seite und kommt so einem aktiven Fahrstil entgegen. Vor allem bei schnellen Kurvenwechseln kommt so richtig Spaß auf. Mit 24,65 Kilo ist das Cilo Tanay HC allerdings kein Leichtgewicht. Hier schlägt die abfahrtsorientierte Ausstattung zu Buche.

Cilo Tanay HC Test
Trotz gerade mal 140 mm Federweg schreckt das Bike nicht vor grobem Gelände zurück.
Der Hinterbau ist sportlich straff, hat hinten heraus aber wenig Progression. Das erhöht den Komfort für Tourenfahrer.

Geometrie: Modern, aber nicht extrem

Das Cilo Tanay HC setzt auf eine moderne, aber bewusst nicht radikale Geometrie. Zwar fällt der Sitzwinkel mit fast 80 Grad sehr steil aus, bei allen anderen Werten bleibt man aber im Rahmen.

Der steile Sitzwinkel sorgt für eine aufrechte Sitzposition trotz langem (modernen) Hauptrahmen. Das dürfte Tourenfahrern gefallen. Mit 452 mm sind die Kettenstreben weder nennenswert kurz noch ellenlang. Hier findet man einen guten Mittelweg, um das Bike handlich zu halten, ohne dass sich in Anstiegen das Vorderrad schnell aufbäumt.

Auch der 65,6 Grad Lenkwinkel ist bewusst moderat gewählt. Das Tanay HC will keine Trailfräse par excellence sein, sondern ein solides Tourenbike.

Cilo Tanay HC Test
Die Sitzposition im Anstieg ist komfortabel.
Cilo Tanay HC-Test
Der lange Hauptrahmen gibt dem Bike im Gelände bergab viel Selbstvertrauen.
Cilo Tanay HC-Test
Das Cilo Tanay HC liebt enge Trails und hohes Tempo.

Akku und Alltagstauglichkeit

Der 700-Wh-Akku lässt sich mit einem Schnellverschluss einfach entnehmen – praktisch für Transport und Laden unterwegs. Das ist ein Punkt, der für viele E-Bikes eine Pflicht ist. Das Draffon Ladegerät für den Akku fällt allerdings so üppig aus, dass man es ungern im Rucksack mit auf Tour nimmt.

Cilo Tanay HC Test
Der 700 Wh Akku ist ein Oschi, lässt sich aber aus dem Unterrohr entnehmen.

Preisgestaltung: typisch schweizerisch

Man sieht dem Cilo Tanay HC einen Newcomer-Status weder an, noch spürt man ihn auf dem Trail. Der größte Wermutstropfen dieses Bikes ist aber sein Preis: 10.000 Euro für die XT-Ausstattung und Alu-Laufräder sind eine Hausnummer. Dafür bekommt man ein Bike mit extrem hoher Detailverliebtheit. In Sachen Ausstattung und Motor könnte man bei dem Preis aber noch einen Tick weiter oben ins Regal fassen.

Die Marke wird über den Fachhandel vertrieben und es ist gut vorstellbar, dass hier preislich noch etwas Verhandlungsspielraum ist.

Cilo Tanay HC-Test
Das Cilo Tanay HC: Ein Newcomer für Tourenfahrer.

Pro

  • Durchdachtes Rahmendesign
  • schickes Design
  • top Hinterbau
  • Viel Bewegungsfreiheit dank tiefer Überstandshöhe
  • Zahlreiche hochwertige Details

Contra

  • teurer
  • Motortechnisch nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand
  • Gewicht mit 24,65 kg recht hoch.
Cilo Tanay HC Test

Fazit: Mehr als nur ein schöner Neuling

Das Cilo Tanay HC ist kein Blender. Das Bike überzeugt nicht durch ein radikales Feature, sondern durch viele kluge, unauffällige Details, die sich in der Praxis auszahlen. Wer ein modernes, trailtaugliches Tourenbike sucht und bereit ist, für clevere Technik tief in die Tasche zu greifen, wird mit dem Cilo Tanay HC einen treuen Begleiter finden.

Über den Autor

Ludwig Döhl

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

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