Schweizer Silberpfeil

Flyer Uproc SL:X im Test

Es ist leicht, schick und noch bezahlbar. Das Flyer Uproc SL:X lässt mit 17,6 Kilo die Konkurrenz auf der Waage alt aussehen. Die Frage ist nur: Zwingen einen die spärlich bemessenen 130 mm Federweg dabei einen Kompromiss auf, den man eigentlich gar nicht will?

Das Flyer Uproc SL:X im Test
Das Flyer Uproc SL:X ist ein Leichtgewicht, hat aber auch nur 130 mm Federweg. Macht das Sinn?

Wer ein E-Bike will, braucht am Federweg nicht zu sparen. So zumindest die landläufig verbreitete Meinung. Die Begründung: Das Mehrgewicht, das ein Mehr an Federweg mit sich bringt, schiebt der Motor ja ohnehin bergauf. Und so kann man sich getrost ein Bike mit mehr Reserven zulegen, ohne im Anstieg mehr schwitzen zu müssen.

Auch die Auswertung unserer Zugriffszahlen unterstreicht diese Theorie. Denn dabei ist ganz klar ersichtlich: EMTBs mit 160 mm Federweg an der Gabel sind aktuell die beliebteste Wahl am Markt. Und damit stellt sich die Frage: Geht das Flyer Uproc SL:X mit gerade mal 130 mm Federweg ab Werk an den Bedürfnissen der meisten EMTB-Fahrer vorbei?

Doch zu dieser Theorie gehört auch der Realitätscheck auf den Trails. Wer mit geschärftem Blick die EMTBs auf Trails und Straßen checkt, sieht schnell: Viele Bikes werden nicht artgerecht ausgeführt. Es ist schwer vorstellbar, dass Enduro EMTBs mit Seitenständer, Rückspiegel oder großen Lenkertaschen tatsächlich jemals ins ernsthafte Gelände abbiegen. Bei diesem Test stellt sich mehr denn je die Frage: Wie viel Gelände verträgt das Flyer Uproc SL:X wirklich?

Flyer Uproc SL:X Erfahrung
Wie viel Trailspaß steckt im schweizer EMTB?
Bosch SX-Motor
Mit wenig Federweg richtet sich das Bike eher an Tourenfahrer als an Trail-Junkies.

Stilvolle Optik, solide Ausstattung

Auch wenn das Flyer Uproc SL:X nicht als Vollgashobel für harte Enduro Abfahrten daherkommt, haben die Produktmanager an den wichtigen Punkten nicht gespart. Die Shimano XT Bremsanlage mit 4-Kolben und großen 203er Bremsscheiben an Front und Heck verzögert richtig gut. Es ist egal, ob man im steilen Trail oder auf der Forststraße in den Hebel fasst. Die Bremse verzögert da wie dort mehr als ausreichend und sorgt damit für ein stets sicheres Fahrgefühl.

Die mechanische 1×12 Shimano XT Schaltung ist technologisch gesehen der Transmission Schaltung von Sram ganz klar unterlegen, verrichtet ihren Job während unseres Tests aber unauffällig. Klar, bei einem Preis von über 7000 € für das Komplettbike würde man gern etwas pompöser schalten, muss sich an dieser Stelle aber auch keine Sorgen um den Fahrspaß machen. Der wird nämlich vom Antriebstrang keineswegs geschmälert. Und optisch passen die silber-grauen Shimano Anbauteile perfekt zur Lackierung des Rahmens.

Shimano XT Bremsanlage
Mit 4 Kolben und einer 203er Bremsscheibe an Front und Heck geht Flyer bei der Verzögerung auf Nummer sicher.
Fox Fahrwerk
Das Fox-Fahrwerk hat einen speziell an EMTBs angepassten Tune und glänzt durch sein sensibles Ansprechverhalten.
Shimano XT Schaltung
Die Shimano XT-Schaltung ist grundsolide, lässt heutzutage aber niemanden mehr ausflippen.

Rahmen und Anbauteile mit Fokus auf Haltbarkeit

Details wie der E-Bike spezifische Laufradsatz, kleine im Rahmen integrierte Schutzbleche oder breit und solide abgestützte Lagersitze sind kein Alleinstellungsmerkmal im Markt. Aber sie machen dennoch klar, dass bei Flyer ein gewisser Grad an Gründlichkeit in der Entwicklung anliegt.

Das Ergebnis dieser Gründlichkeit ist nicht nur ein bombensteifer Rahmen, sondern ein Bike, an dem man sich auch lange ohne große Probleme erfreuen kann. Denn die durchdachte Konstruktion hält den groben Dreck aus den kleinen Winkeln des Hinterbaus fern und sagt damit dem Verschleiß den Kampf an.

Die Züge, welche zwar intern verlaufen, aber nicht im Steuersatz integriert sind, lassen sich im Schadensfall auch sehr leicht wechseln. Das im Steuerrohr integrierte Minitool macht kleinere Reparaturen auch auf dem Trail schnell möglich.

Flyer Minitool
Das im Steuerrohr versteckte Mini-Tool ist auf dem Trail jederzeit griffbereit.
Rahmenschutz
Das Schutzblech über dem Hauptdrehpunkt des Hinterbaus hält den groben Dreck aus den kleinen Ritzen des Rahmens fern.
MonkeyLink Lichtaufnahme
Das Bike ist vorbereitet für ein Monkey Link Licht, das dann vom Akku des Motorsystems gespeist wird.

Das Herzstück: Der Bosch SX Motor

Der Bosch-SX-Motor ist rund ein Kilo leichter als sein Full-Power-Pendant (der Bosch CX) und baut auch etwas kleiner. Und dennoch liefert er auf dem Datenblatt mit 600 Watt eine ähnliche Spitzenleistung. Damit ist der Motor den Motoren von TQ und Fazua deutlich überlegen, hat aber auch eine ganz klare Einschränkung.

Denn im Uphill schiebt der Bosch SX nur dann kräftig an, wenn die Trittfrequenz stimmt. Während der Bosch CX, also das Full-Power-Modell, seine volle Leistung über ein breites Drehzahlband ab etwa 50 Umdrehungen pro Minute abruft, passiert bei niedriger Trittfrequenz mit dem SX relativ wenig.

Erst ab 90 Umdrehungen pro Minute und mehr entfaltet der Bosch-SX-Motor seine volle Leistung. Wenn man das als Fahrer schafft, beeindruckt der Motor mit einer sportlichen Charakteristik und starker Unterstützung. Nur in den Sattel zu steigen und die Beine auf die Pedale fallen zu lassen, reicht nicht aus, um den Bosch-SX-Motor in den gewünschten Arbeitsbereich zu bringen.

Bosch SX-Motor
Der Bosch SX-Motor braucht Drehzahl, um seine Leistung abzurufen.
Bosch Mini Remote
Der Bosch Mini Remote fügt sich dezent ins allgemein stilvolle Bild des Flyers ein.
Bosch Control Center
Auf ein Display verzichtet das light EMTB. Infos zum Akkustand kann man nur den LEDs am Oberrohr entnehmen.

Bei der Geräuschkulisse erinnert der Bosch SX an den großen Bruder mit deutlich hörbarem Surren, sobald man dem Motor Leistung abverlangt. Wir hatten gehofft, dass Bosch das Getriebeklappern, das man vom Bosch CX, aber auch dem Shimano EP8 oder EP801 kennt, beim SX in den Griff bekommen hat, wurden aber enttäuscht. Hier sind sowohl der TQ als auch der Fazua Motor einen Schritt voraus.

Bosch SX Fazua Ride 60 TQ HPR 50
Leistung (Spitze) bis zu 600 Watt bis zu 450 Watt bis zu 300 Watt
Drehmoment 65 Nm 60 Nm 50 Nm
Fahrgeräusche deutlich hörbar leise kaum zu hören
Getriebegeräusche Getriebe klappert im Trail weniger als beim Bosch CX, aber klappert dennoch deutlich hörbar. Der Freilauf des Motors klappert weniger als beim Bosch SX, aber er klappert dennoch leise. Die Ping-Ring-Technologie ist auf dem Trail absolut leise.
Akkusysteme wird meist mit Boschs CompactTube 400 (Wh) 430 Wh Akku ohne Option auf Range-Extender 360 Wh Akku + Option auf Range-Extender
Kurzcharakteristik Leistungsstarker Sportler, der bei hoher Trittfrequenz und entsprechender Eigenleistung fast schiebt wie ein Full-Power-Motor. Schiebt, auch bei geringer Trittfrequenz, kräftig an und wendet sich mit seiner Boost-Funktion an sportliche User. Stärker als TQ, dezenter als Bosch. Optisch, geräuschtechnisch und von der Unterstützungscharakteristik her ist er der dezenteste E-MTB-Motor auf dem Markt. Sehr natürliches Fahrgefühl.
Links zu den Bikes Alle Bikes mit Bosch SX Alle Bikes mit Fazua Ride 60 Alle Bikes mit TQ-HPR 50

Thema Reichweite: Wie lange reichen 400 Wh im Akku

Zur Wahrheit des Bosch SX Systems gehört aber auch, dass man mit einem 400 Wh Akku keine Alpenüberquerung anstreben sollte. Denn bei sportlicher Fahrweise im Boost-Modus saugt man den Akku selbst als leichter Fahrer in etwas mehr als 1000 hm leer.

Wer länger fahren will, hat zwei Optionen. Entweder man lässt die Finger vom Boost-Modus, oder man nutzt den Range Extender mit zusätzlichen 250 Wh, der sich extern anschließen lässt. Kombiniert man beide Möglichkeiten, sind auch 2000 hm möglich.

Ein Reichweitenmonster wird das Flyer aber nie werden. Und die Tatsache, dass der Akku fest im Unterrohr verbaut ist und sich auf dem Trail nicht mal eben schnell entnehmen lässt, reduziert die Flexibilität des Systems zusätzlich.

Reichweite Flyer Uproc SLX
Wer sportlich über Trails bergauf fährt, saugt den 400-Wh-Akku schnell leer.
Reichweite Bosch SX Motor
Etwas mehr als 1000 hm haben wir ohne Range Extender im Boost-Modus geschafft. Der Range Extender packt nochmal ca. 40 % mehr Reichweite oben drauf.

Fahreigenschaften auf dem Trail

Auch wenn der Motor das Herzstück eines EMTBs ist, zählen für den Fahrspaß im Gelände vor allem die Fahreigenschaften jenseits des Motors. Das durchaus wertige Gefühl, das sich durch die hochwertigen Kontaktpunkte wie Griffe oder Lenker einstellt, wird durch ein super sensibles Fahrwerk und starke Bremsen unterstrichen.

Der relativ lange Hauptrahmen entspricht dem aktuellen Trend am Markt und lässt einem tendenziell sportlich auch dem Flyer Uproc Platz nehmen. Der breite Lenker mit hohem Rise sorgt dafür, dass die Sattelüberhöhung nicht zu extrem ausfällt. So haben auch weniger trainierte Fahrer auf langen Touren keine Haltungsprobleme zu befürchten.

SIZE XXS XS S M L XL XXL
Hersteller-Größenbezeichnung
-
-
s
m
l
xl
-
Laufradgröße
-
-
29
29
29
29
-
Stack
-
-
600
614
623
636,5
-
Reach
-
-
440,5
465
485
515
-
Oberrohrlänge
-
-
571
605
629
664,5
-
Sitzrohrlänge
-
-
380
400
440
480
-
Sitzwinkel
-
-
77,9
77
77
76,8
-
Steuerrohrlänge
-
-
100
110
120
135
-
Lenkwinkel
-
-
65,6
65
65
65
-
Tretlagerabsenkung
-
-
30
38
38
38
-
Tretlagerhöhe (absolut)
-
-
343,5
335,5
335,5
335,5
-
Kettenstrebenlänge
-
-
453
453
453
453
-
Radstand
-
-
1945
1980,5
2005
2041
-
Überstandshöhe
-
-
752
752
751
756,5
-

Dank des steifen Rahmens lässt sich das Bike im Gelände präzise steuern. Das Fahrwerk nimmt es mit Wurzeln und kleineren Steinen problemlos auf. Dass hier nur 130 mm Federweg anliegen, merkt man erst, wenn man das Uproc SL:X zur Flugstunde einlädt. Denn bei harten Landungen werden die begrenzten Reserven des Hinterbaus und der Gabel spürbar. Bei Nässe oder im extrem harten Gelände kommen außerdem die Wicked Will Reifen an ihr Limit.

Die Kritikpunkte, die das Bike liefert, kommen allerdings erst zum Tragen, wenn man es außerhalb seines angedachten Einsatzbereichs bewegt. Nutzt man das Bike auf Touren mit leichten Trails, hinterlässt es einen wirklich durchdachten Eindruck.

Auch mit wenig Federweg lässt das Flyer Uproc SL:X durchaus Fahrspaß im Gelände zu.
Handling Flyer Uproc SLX
Durch das geringe Gewicht und die gelungene, verleitet einem das Bike auf dem Trail immer wieder zu spielerischen Einlagen.

Alle Flyer Uproc SL:X auf einen Blick

Mit 7.499 € schlägt unser Testbike weniger zu Buche, als viele andere Modelle mit Boschs SX Motor. Für 5.799 € gibt es aber auch noch ein deutlich preisaggressiveres Modell des Uproc SL:X. Mit dem Pfeil-Symbol Bikes direkt vergleichen, könnt ihr die einzelnen Modelle auch in den Vergleich mit jedem anderen Bike aus unserer großen Marktübersicht ziehen. Spannend ist vor allem auch der Vergleich mit Canyons Neuron ON Fly, Scotts Lumen oder dem Bulls Sonic Evo AM SL.

Fazit zum Flyer Uproc SL:X

Das Flyer Uproc SL:X ist kein klassisches drauf sitzen, losballern Bike. Es ist ein leichtes und sehr hochwertiges Bike, für EMTB-Fahrer, die grobes Gelände ohnehin meiden. Wer sich auf Touren nicht zu schade ist, auch einen gewissen Anteil an Eigenleistung zu erbringen, erhält ein gelungenes EMTB, das auf Touren richtig Spaß macht. Denn sowohl das Handling als auch der Komfort, den das Uproc SL:X bietet, sind erstklassig.

Über den Autor

Ludwig Döhl

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

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