Santa Cruz Heckler SL im Test

“Wie Balu der Bär”, so lautete das Fazit zu unserem Test des Santa Cruz Heckler in der Full Power-Version. Das Heckler SL wiegt 2 Kilo weniger als die Full Power-Version und hat nur einen Fazua-Motor mit 60 Nm Drehmoment. Ist es damit das bessere Heckler?

Das Santa Cruz Heckler hatte als Mountainbike ohne Motor einen ikonischen Ruf. Unser Test des Full Power Heckler-Modells hat eindeutig gezeigt, dass es Santa Cruz gelungen ist, diesen Ruf auch in der Welt der E-MTBs zu transportieren.

In der SL-Version ist das Heckler nochmal 2 Kilo leichter und hat eine komplett andere Ausrichtung als der bullige große Bruder. Mit kleinerem Motor, einer sportlicheren Geo und strafferem Fahrwerk will es mehr Mountainbike als Moped sein. Geht das Konzept auf?

Santa Cruz hat nicht das Image einer Preis/Leistungs-Bombe. Daran ändert auch das Heckler SL in der GX AXS-Ausstattung nichts. Denn auch wenn an dem Bike bereits die neue SRAM-Schaltung zum Einsatz kommt, lässt man vor allem beim Fahrwerk und den Bremsen noch Luft nach oben.

Die SRAM Code-Bremsen verzögern, vor allem wegen der 220 mm großen Scheibe am Vorderrad, zwar gut, aber wer fast 10.000 € auf den Tisch legt für ein neues Bike, darf mehr als die Bronze-Ausführung erwarten. Auch beim Fahrwerk greift man mit Select+-Komponenten noch nicht ganz oben ins RockShox-Regal.

Auf dem Trail liefern die Komponenten ab. Zu unserem Erstaunen fällt der funktionale Unterschied zu den Ultimate Federelementen und einer Ultimate Bremse erstaunlich gering aus. Auch wenn Santa Cruz bei der Ausstattung knausert, muss man keine Angst vor Leistungseinbußen haben.

Im Light-EMTB-Bereich steckt aktuell viel Musik. Bosch hat mit seinem neuen SX-Motor zuletzt für Furore gesorgt. Trotz üppiger Power kann der Bosch SX unserer Meinung nach im Light-Segment aber nicht 100 % punkten. Zu laut, zu voluminös, zu speziell in der Kraftentfaltung. Während der Bosch SX eine Welt zwischen Full Power und wirklich leicht bedient, geben TQ und Fazua den Ton im wirklichen Light-EMTB-Segment an.

Bei unseren Tests von Bikes mit TQ-Motor fällt die natürliche Unterstützung und die absolut leise Arbeitsweise auf. Der Fazua Ride 60 arbeitet im Vergleich zum Bosch immer noch leise, aber ist dennoch lauter als der TQ-Motor.

Das Freilauf-/Getriebeklappern wie beim Bosch oder Shimano Motor ist vorhanden. Im Vergleich zu den beiden genannten Motoren fällt es beim Fazua aber super leise aus und geht im Trail nahezu unter. TQs HPR 50 ist aktuell tatsächlich der einzige lautlose Motor auf dem Markt. Dafür schiebt der Fazua Ride 60 deutlich kräftiger an. Die 60 Newtonmeter reichen, um auch bergauf Fahrspaß zu generieren.

Die Modulation der Power hat das Münchner Aggregat dabei gut im Griff. Weder stotteriges Anfahren noch zu langes Nachschieben sind beim Fazua Ride 60 ein Problem. Schaltet man von der leichten Breeze- oder River-Unterstützungsstufe in den Rocket-Modus (die höchste dauerhafte Unterstützungsstufe), liegt ordentlich Leistung an der Kette an.

Mit seinem sportlichen Fahrverhalten und der für einen Light-Motor hohen Leistung unterscheidet sich der Fazua Motor deutlich vom TQ Motor. Und die sportliche Gangart passt zum spaßorientierten Ansatz des Heckler SL perfekt. Die Amis von Santa Cruz haben sich hier für den richtigen Motor entschieden.

Ein weiteres Fun-Indiz des Motors ist der Boost-Modus. Hält man den Ringschalter länger gedrückt, werkelt der Motor für 12 Sekunden im temporären Boost-Modus mit deutlich mehr Leistung als in der Rocket-Unterstützung. Das hilft vor allem, wenn sich besonders steile Rampen vor einem aufbäumen.

Auch in technischen Uphills ist diese Funktion eine gute Hilfe. So kann man zuvor viel Schwung aufbauen, um dann in der Sektion den einen oder anderen Pedaltritt auszulassen, um mit der Kurbel nicht auf dem Boden aufzuschlagen. Der Boost-Modus kann sogar im Stand eingelegt werden und entfaltet dann seine Power, sobald man beginnt, in die Pedale zu treten. Das kann beim Anfahren auf besonders steilen Anstiegen durchaus hilfreich sein.

Der Ringschalter muss für die Boost-Funktion nicht dauerhaft gedrückt werden, sondern lediglich zuvor zwei Sekunden betätigt bleiben. Der Ringschalter, über den das ganze System gesteuert wird, wirkt nicht ganz so wertig wie der Rest des Fazua-Systems.

Die Bedienung des Antriebssystems ist damit problemlos möglich, aber dennoch ist es schade, dass der Münchner Motorenhersteller ausgerechnet beim Bedienelement, der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine, etwas spart. Der Ringschalter hat eine etwas wackelige Haptik und macht auch nicht den Anschein, als würde er eine harte MTB-Saison unbeschadet überstehen.

Alle Bikes mit Fazua’s Ride 60 Motor findest du in unserer großen Marktübersicht.

Ein Bike mit 160 mm Federweg an der Gabel kauft man sich vor allem aus einem Grund: Man will damit Trails ballern! Und das Heckler SL macht gleich an mehreren Punkten klar, dass es das auch will.

Denn während das Full Power Heckler bei der Geometrie ganz deutliche E-MTB-Akzente trägt, könnten die Geodaten vom Heckler SL auch von einem unautorisierten Bike stammen. Die kurzen Kettenstreben und die Mullet-Laufräder sorgen dafür, dass das Bike trotz 64 Grad flachem Lenkwinkel sich nicht fährt wie ein Langholzlaster.

Im Gegenteil: Egal ob bei niedrigem oder hohem Tempo lassen sich enge Kurven mit diesem Bike schön andriften oder bei entsprechendem Fahrkönnen auch präzise durchsteuern.

Dank des für ein E-Bike niedrigen Gewichts kann man sogar das Hinterrad relativ leicht anlupfen, um es in engen Kehren zu versetzen. Das tief gezogene Unterrohr macht eine tiefe Montage des Akkus möglich, was sich äußerst positiv auf das Handling auswirkt.

Auch wenn das Rock Shox Fahrwerk tendenziell auf der straffen Seite ist, kommt das Heckler SL selbst im rauen Gelände erst spät ans Limit. Mit 35 mm fallen die Standrohre der Lyrik Gabel deutlich kleiner aus als bei einer ZEB oder einer 38er von Fox. Wer im steilen Terrain voll draufhält, kann etwas mehr Verwindung spüren. Ein K.O.-Kriterium ist das aber vor allem für leichte Fahrer nicht.

So wie Santa Cruz den Fazua Motor und Akku im Heckler SL verbaut, hat die Sache einen Knackpunkt. Es gibt weder einen Range Extender noch die Option, den Akku zu wechseln. Man muss also mit den 430 Wattstunden im Akku zurechtkommen, ob man will oder nicht. Geht einem auf der Tour der Saft aus, wars das, bis man eine Steckdose gefunden hat.

Bei Tests mit dem Fazua Ride 60 schaffen wir, bei einer guten Portion Eigenleistung, in der Regel immer Touren mit ca. 1400 hm. Liegengeblieben sind wir noch nie, aber Modelle wie das Cannondale Moterra SL zeigen, dass man ein ähnliches Gewicht auch mit einem dicken 600er-Akku erreichen kann. Wer ein Bike für lange Tage im Bikepark oder extrem lange Touren sucht, wird mit dem Heckler SL womöglich an seine Grenzen kommen.

Das Santa Cruz Heckler SL ist ein geiles EMTB, aber nichts für den kleinen Geldbeutel. Etwas weniger abfahrtsorientiert dafür mit deutlich aggressiverem Preis kommt das Focus Jam² SL daher.

Ähnlich teuer, dafür mit dem Flüster-Motor und etwas leichter, hatten wir bereits das Mondraker Neat im Test. Das Specialized Turbo Levo SL überzeugt mit absolutem Leichtbau. Und Cannondale schafft es mit seinem Moterra SL sogar, ein Full Power Bike mit 605 Wh Akku unter 20 Kilo auf dem Markt zu bringen. Wir haben zu all diesen Bikes detaillierte Testberichte und Videos. Die Links und Keyfacts zu den Bikes findest du in dieser Tabelle.

Wir haben für unseren Test auf der GX des Santa Cruz Heckler SL gesessen. Wer die volle Dröhnung will, muss über 10.000 € in der Tasche haben. Wer mit etwas weniger Luxus zurechtkommen kann, kann sich auch die günstigeren Versionen ansehen.

Alle Informationen, einschließlich Geometrie-Tabellen und technischen Daten, zu allen Modellen finden Sie wie immer auf den jeweiligen Detailseiten: