Test: Forbidden CorE
Forbidden ist eine der wenigen Marken, die sich den Charakter einer Schmiede erhalten haben. Mit ihrer stringenten Ausrichtung Richtung Performance und innovativen Ansätzen wagen die Kanadier nun erstmals den Schritt in Richtung E-Bike. Wir konnten das Core bereits ausgiebig testen.



Was bringt eigentlich dieses „High-Pivot“?
High Pivots sind aktuell angesagt und das liegt nicht nur an der ausgefallenen Optik. Primär lässt sich die Raderhebungskurve mit so einem System perfektionieren. Anders als bei gängigen Hinterbausystemen mit tiefem Hauptdrehpunkt kann das Hinterrad über den kompletten Federweg nach oben-hinten ausweichen.
Aufgrund der hohen Drehpunktlage verlängert sich die Kettenstrebe mit dem Einfedern. Das gibt dem Bike, wenn es tiefer in den Federweg geht, eine stabilere Lage auf dem Trail. Denn das Hinterrad bleibt in gewisser Weise an Hindernissen hängen, der Rest des Bikes kann aber ungebremst weiter Richtung Tal donnern.
High-Pivot ist nicht gleich High-Pivot
Während man beim jüngsten Druid und Dreadnought (also den Biobikes) die Pivot-Philosophie mit einer aufwendigen Hebelkonstruktion radikal ausrollt, geht das bei den E-Bikes nicht. Der Platz für die Konstruktion eines umgedrehten Viergelenkers fehlt schlichtweg. Denn dort, wo beim Druid die Hebel sitzen, sitzt beim CorE der Motor.
Die Hinterbaulängung fällt deshalb nicht ganz so extrem aus wie beim Druid. Sie ist aber mit über 2 Zentimetern immer noch üppig. Zum Vergleich: Andere Bikes mit diesem Federweg, wie z.B. das Cannondale Moterra LT oder das Centurion No Pogo, haben eine Hinterbaulängung von weniger als 10 mm. Man bleibt der Hinterbauphilosophie also auch beim ersten EMTB treu, kann sie aber nicht ganz so extrem ausrollen wie bei den Bikes ohne Motor.


Geometrie & Fahrwerk: eBike-spezifisch?
Forbidden spricht von einer „E-Bike-spezifischen Geometrie“, und tatsächlich weichen einige Werte vom Mainstream ab:
- Kurzer Reach, dafür lange Kettenstreben (z. B. 456 mm bei Größe S3, wachsend je Größe)
- Hoher Stack für eine aufrechte Position
- Moderate Lenk- und Sitzwinkel (64–64,6° Lenkwinkel je nach Gabel)
Was besonders auffällig ist, dass die Kettenstreben mit jeder Rahmengröße deutlich wachsen. Mitwachsende Kettenstreben gibt es auch bei anderen Herstellern, so deutlich wie Forbidden macht das aber keiner. So bleibt das Verhältnis aus Front Center und Hinterbaulänge über alle Rahmengrößen gleich.
Das Ergebnis: ein sehr ausgewogenes Fahrverhalten auch für sehr kleine oder sehr große Fahrer. Man steht zentral auf dem Bike, das Core klettert trotz kleinem Hinterrad extrem gut und bleibt auch bei High-Speed-Fahrten stets kontrollierbar.
Dank des High-Pivot-Hinterbaus vermittelt das Bike mehr Federweg, als es auf dem Papier verspricht. Selbst ruppige Passagen bringen das Fahrwerk nicht aus der Ruhe – ohne dabei poppig-verspieltes Verhalten zu verlieren.

Fahreindruck: Trail trifft Traktion
Durch das satte Gefühl, dass das Fahrwerk aufkommen lässt, bleibt von flowigen bis zarten Trails mit dem CorE wenig Rückmeldung übrig. Wer es verspielter und leichter mag, greift besser zum LitE mit etwas weniger Federweg und Gewicht. Wer lieber ballert, ist mit dem CorE goldrichtig, auch wenn es nominell nur 150 mm Federweg im Heck hat.
Wer aktuelle super lange Geometrien gewohnt ist, braucht unter Umständen etwas, um sich an die relativ kompakte Front zu gewöhnen. Wer sich nicht wöchentlich eine Startnummer an den Lenker pinnt, wird das quirlige Handling lieben. Nur die wenigsten Full power EMTBs lassen sich derart spaßig durch enge Kurven fahren wie das CorE.
Im Singletrail bergab zeigt sich das CorE als spaßorientiertes Bike, das mehr Reserven hat, als es der geringe Federweg vermuten lassen würde.


Antrieb: DJI Avinox – Hype oder Highlight?
Der Avinox-Motor von DJI sorgt aktuell für ordentlich Gesprächsstoff. Mit 105 Nm Drehmoment und bis zu 1000 W Spitzenleistung sprengt er die gängigen Klassifizierungen.
Der Motor zeigt sich im Uphill äußerst durchzugsstark und fein dosierbar – trotz der Leistung. In technischen Anstiegen punktet das System mit direkter Kraftentfaltung und präziser Kontrolle. Beim Sound ist der Bosch CX gen 5 unserer Erfahrung nach etwas leiser. Wer Infos zum innovativen Avinox-Motor will, der sollte unsere Testberichte zu dem Motor und zu seinem jüngsten Update checken.

Die Kombination aus langem Hinterbau, zentraler Sitzposition und viel Drehmoment macht auch steilste Anstiege machbar. Wer bislang nicht mit einem E-Bike unterwegs war, wird hier völlig neue Erlebnisse im Uphill machen.
Mit dem ab Werk verbauten 800er Akku sind unter Vollast etwas mehr als 2000 hm möglich. Tourenfahrer werden definitiv auf den 800er Akku stehen. Der 600er Akku würde ca. 1 Kilo Gewicht sparen und ist in der LitE Version verfügbar.

Rahmendetails
Die große Umlenkrolle für die Kette, die stabilen Zugführungen und die Hinterbauwippe aus Carbon zeigen: Man achtet bei Forbidden nach wie vor noch auf Details. Das ganze Bike wirkt sehr hochwertig verarbeitet.
Die Schriftzüge am Oberrohr erinnern an die Kultur der kanadischen Ureinwohner. Übrigens ist auch der Firmenname eine Anlehnung an die First Nations. Denn vom Büro der Forbidden-Zentrale blickt man auf das “Forbidden Plateau”, auf dem die First Nations ihre Bestattungen durchgeführt haben.


Ausstattung & Preis-Leistung - nichts für Sparfüchse
Wer eines der ersten Bikes (außer Amflow) mit DJI Motor haben will, muss tief in die Tasche greifen. Das günstigste Core kostet bereits 8.999 €. Preisaggressive Direktanbieter wie z.B. Radon liefern mit dem Deft zu dem Preis bereits ihr Topmodell.
Unser Testbike schlägt mit 11.899 € ordentlich zu Buche. Dazwischen gibt es noch das T2 Modell für 10.199 €. Ein Schnäppchen ist keine dieser Optionen. Die Exklusivität lassen sich die Kanadier bezahlen.

Vorteile des Core
- Kraftvoller, konfigurierbarer Motor
- Top Fahrwerk – komfortabel & potent
- Durchdachte Geometrie
- Gute Ausstattung auch in der Basis
- 800 Wh Akku
Nachteile des Core
- Kein Range Extender (noch)
- teurer
- Akku fest verbaut

Fazit: Verboten gut?
Mit dem CorE zeigt Forbidden, dass sie das Thema E-MTB ernst nehmen – und zwar mit einem eigenen Ansatz. Der kraftvolle DJI-Motor, das High-Pivot-Konzept und die ausgewogene Geometrie sorgen für ein sehr stimmiges Gesamtpaket. Kritikpunkte? Die Preise sind gesalzen.